Lasst uns den individuellen Sanierungsfahrplan iSFP abschaffen!
Warum?
Ich will es euch erklären.
Gastbeitrag von Carsten Herbert – als sogenannter »Energiesparkommissar« schreibt der Bauingenieur Bücher, hält Vorträge und veröffentlicht Videos. Er hat seine Kritik am iSFP bereits auf LinkedIn veröffentlicht und zur Diskussion unter weiteren Energieexperten angeregt. Carsten Herbert lehnt den iSFP ab, denn das ursprüngliche Konzept sei leider verschwunden: »Ich war seit 2014 an der Entwicklung des iSFP als Unterauftragnehmer beteiligt. Wir haben als eines von drei Büros den ersten Entwurf für einen iSFP erstellt, der später zu 80 Prozent als Vorschlag ans Wirtschaftsministerium und an die dena ging. Durch die Verbandsarbeit der Immobilienwirtschaft wurde das ursprüngliche Konzept nach und nach umgekrempelt«.
Was ist der iSFP?
Der iSFP wurde seit 2014 als neues Energieberatungsinstrument (Beratungsbericht) entwickelt und sollte die bis dahin übliche geförderte Vor-Ort-Energieberatung des Bundes (BAFA) ersetzen.
Warum hat man den iSFP eingeführt?
Die Vor-Ort-Energieberatung war schon etwas angestaubt. Der iSFP sollte kürzer, knackiger und leicht verständlich sein. Das Wirtschaftsministerium hatte die Hoffnung, mit dem iSFP die Sanierungsquote kräftig zu erhöhen.
Hat der iSFP sein Ziel erreicht?
Nein, leider nicht. Der iSFP war – trotz 80% Förderung – ein klassischer Ladenhüter.
Wurde der iSFP wegen des mangelnden Erfolgs wieder aus dem Regal genommen?
Nein – um den iSFP politisch zu retten, wurde er mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude BEG verknüpft. Mit einem iSFP erhöht sich die Investitionsförderung um 5% etwa bei Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle. Dadurch hat sich der Absatz vom iSFP vervielfacht.
Also war der iSFP am Ende doch eine Erfolgsgeschichte?
Leider nicht, denn inhaltlich zeigt der iSFP den Weg zum geförderten Effizienzhaus auf. Die erforderlichen Maßnahmen sind dadurch nicht immer die gleichen Maßnahmen, die zum Zeitpunkt der Ausstellung für die Beratungsempfänger sinnvoll und relevant sind. Das führt zu unschönen Missverständnissen.
Wie kann man sich das vorstellen?
Beispiel: Energieberater:innen stellen einen iSFP mit Maßnahmen aus, die sie im Beratungsgespräch inhaltlich revidieren müssen. Beratungsergebnis und iSFP-Ergebnis sind dadurch nicht deckungsgleich.
Noch kritischer wird es, wenn die Maßnahmen im iSFP durch die Berater:innen nicht erläutert werden. Dann liegt mit dem iSFP häufig ein Dokument vor, das Maßnahmen empfiehlt, die nicht sinnvoll sind. Dadurch ist der iSFP mit seinen Empfehlungen keine verlässliche Entscheidungsgrundlage für Investitionsentscheidungen der Beratungsempfänger:innen. Zahlreiche Erfahrungsberichte von Betroffenen zeigen das.
Wenn das tatsächlich so ist, warum wurde er nicht schon längst abgeschafft?
Wie bereits erwähnt, hatte man große Ziele mit dem iSFP. Dadurch musste er ein Erfolg werden. Diesen politischen Willen hat man mit der Verknüpfung mit der BEG-Förderung manifestiert. Außerdem ist er für die Energieberatungsbranche eine verlässliche Einnahmequelle. Diesen Goldesel zu schlachten, ist niemand bereit.
Gibt es überhaupt noch einen Ausweg aus dieser Situation?
Ja – Energieberatungsinhalte, Gespräche, Dokumentationen und Berichte müssen zwingend die gleiche Sprache sprechen und dürfen sich nicht unterscheiden. Außerdem sollte sich der Beratungsinhalt in erster Linie um die zum Zeitpunkt der Energieberatung erforderlichen Fragestellungen kümmern. Ein Ausblick auf den perspektivisch erreichbaren Energiestandard darf darin enthalten sein, aber nicht als zentraler Inhalt. Dafür braucht es eine Neuausrichtung der Energieberatung und ihrer Instrumente.
Und jetzt?
Let’s do it!
Für den Inhalt des Artikels ist alleine der Autor verantwortlich. Aber ENTECH empfiehlt diesen Gastbeitrag zur Anregung. Ohnehin legen wir Wert auf persönliche Beratung: Bei der Energieberatung für Wohngebäude EBW erläutern wir gerne den iSFP und zeigen Probleme dieses vereinfachten Beratungsberichts.