Alte Fenster mit beschädigten und schmutzigen Rahmen

Bun­des­re­gie­rung will Steu­er­vor­teile für Sanie­rungen in Gesetz schreiben

Die Bun­des­re­gie­rung hat Mitte Oktober beschlossen, ener­ge­ti­sche Sanie­rungen von selbst genutzten Wohn­ge­bäuden ab 1. Januar 2020 steu­er­lich zu fördern. Die bis­he­rigen Kredit- und Zuschuss­pro­gramme sollen weiter laufen und alter­nativ zur Ver­fü­gung stehen.

Die Ände­rung im Steu­er­recht gehört zu den Reformen des »Kli­ma­schutz­pro­gramms 2030«: Bereits Ende Sep­tember ent­hielten die ersten »Eck­punkte« das Ziel, dass »Gebäu­de­be­sitzer aller Ein­kom­mens­klassen« ihre Auf­wen­dungen für Sanie­rungen steu­er­lich absetzen können. Jetzt will die Bun­des­re­gie­rung das Ein­kom­men­steu­er­ge­setz für »zu eigenen Wohn­zwe­cken genutzte Gebäude« ergänzen, sofern sie min­des­tens zehn Jahre alt sind.

Danach können künftig 20 Prozent der Gesamt­kosten für mehrere Ein­zel­maß­nahmen von der Steu­er­schuld abge­zogen werden – maximal 40.000 Euro pro Objekt, über drei Jahre nach festen Pro­zent­sätzen ver­teilt. Die Arbeiten müssen vor dem 1. Januar 2030 abge­schlossen werden. Aber »Voll­sa­nie­rungen sind mit dem Instru­ment der Steu­er­ermä­ßi­gung nicht abge­deckt«, kri­ti­sierte die Ver­brau­cher­zen­trale Bun­des­ver­band vzbv einen frü­heren Refe­ren­ten­ent­wurf aus dem Finanzministerium.

Als steu­er­lich abzugs­fä­hige Ein­zel­maß­nahmen gelten:

  1. Wär­me­däm­mung von Wänden
  2. Wär­me­däm­mung von Dachflächen
  3. Wär­me­däm­mung von Geschossdecken
  4. Erneue­rung der Fenster oder Außentüren
  5. Erneue­rung oder Einbau einer Lüftungsanlage
  6. Erneue­rung der Heizungsanlage
  7. Einbau von digi­talen Sys­temen zur ener­ge­ti­schen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung
  8. Opti­mie­rung bestehender Hei­zungs­an­lagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind

Der Para­graf zur ener­ge­ti­schen Gebäu­de­sa­nie­rung schließt Eigen­leis­tungen aus: »Vor­aus­set­zung für die För­de­rung ist, dass die jewei­lige ener­ge­ti­sche Maß­nahme von einem Fach­un­ter­nehmen aus­ge­führt wurde«. Welche Anfor­de­rungen solch ein Fach­un­ter­nehmen erfüllen muss und welchen Stan­dards die Ein­zel­maß­nahmen folgen – das soll bald eine Ver­ord­nung klären, damit die steu­er­li­chen Regeln der geplanten Bun­des­för­de­rung für effi­zi­ente Gebäude BEG entsprechen.

Lustige Figuren Handwerker
Sanie­rung steu­er­lich absetzen nur bei Einsatz von Fach­un­ter­nehmen Bild: Alexas_​Fotos | Pixabay

Diese Ver­ord­nung könnte nicht weit genug reichen, befürchtet die Ver­brau­cher­zen­trale. Sie for­derte in ihrer Stel­lung­nahme beim Finanz­mi­nis­te­rium: »Darüber hinaus muss sicher­ge­stellt werden, dass die durch­ge­führten Maß­nahmen bau­tech­nisch bezie­hungs­weise ener­gie­tech­nisch sinn­voll sind«. Mehrere Maß­nahmen für ein Gebäude müssten auf­ein­ander abge­stimmt werden, so die vzbv: Ein Experte außer­halb des Fach­un­ter­neh­mens solle sie vorab »durch eine unab­hän­gige Bera­tung als geeignet bestä­tigen«. Ob die ange­kün­digte Ver­ord­nung diese vor­ge­schal­tete Bera­tung ver­langen wird, bleibt bislang offen.

Über eine zusätz­liche Bau­be­glei­tung meint der Bun­des­ver­band der Gebäu­de­en­er­gie­be­rater, Inge­nieure, Hand­werker GIH auf Twitter: »#Ener­gie­be­rater muss bei Ein­zel­maß­nahmen  (über KfW und steuerl. Abschrei­bung) durch Bau­be­glei­tung invol­viert bleiben. So wird mehr & besser saniert.«

Das Deut­sche Ener­gie­be­rater-Netz­werk DEN erläu­tert in einer Pres­se­mit­tei­lung die aktu­elle Situa­tion: »Bereits heute können qua­li­fi­zierte Hand­werks­un­ter­nehmen Ein­zel­maß­nahmen im KfW-Pro­gramm gleich­zeitig aus­führen und Bestä­ti­gungen für eine För­de­rung erstellen«. Private Bau­herren pro­fi­tierten laut DEN von einer »Bau­be­glei­tung durch unab­hän­gige Experten«, die bis jetzt über die KfW geför­dert werde.

In einem News­letter bestä­tigt das Wirt­schafts­mi­nis­te­rium, dass die Reform aus­schließ­lich Ein­zel­maß­nahmen betreffe: »Die kom­plette Sanie­rung von Gebäuden zu soge­nannten Effi­zi­enz­häu­sern (solche mit beson­ders geringem Ener­gie­be­darf) wird auch wei­terhin nur über die inves­tiven Gebäu­de­pro­gramme des BMWi gefördert«.

Dagegen pro­tes­tieren neun Ver­bände wie die Bun­des­ar­chi­tek­ten­kammer, DEN, GIH und Ver­brau­cher­zen­trale. In einem gemein­samen »Appell an das Bun­des­mi­nis­te­rium für Wirt­schaft und Energie« meinen sie, dass die Ein­schrän­kung »umfas­sende Gesamt­sa­nie­rungen schlechter« stelle und somit stär­keren Einsatz für den Kli­ma­schutz bestrafe: Statt­dessen sollten dem­nächst ebenso »Moder­ni­sie­rungen auf Effizienz­haus-Niveau – alter­nativ zu den KfW-Pro­grammen und mit den glei­chen Anfor­de­rungen und För­der­höhen – steu­er­lich geför­dert werden«.

Neun Logos von Interessenvertretungen zur Energieberatung
Orga­ni­sa­tionen fordern Kor­rek­turen für Wohn­ge­bäude im Klimaschutzprogramm

In der Pres­se­mit­tei­lung seines Netz­werks erwartet Hermann Danne­cker aus dem DEN-Vor­stand, dass die kom­mende Rechts­ver­ord­nung der Bun­des­re­gie­rung zu deut­li­chen Ver­bes­se­rungen führe: Er hofft auf »seriöse, lang­fris­tige Rand­be­din­gungen«, die wie­derum »hohe Kon­ti­nuität und Plan­bar­keit erlauben und dem Ziel des kli­ma­scho­nenden Sanie­rens gerecht werden«.

Das Pla­nungs­büro ENTECH hat den Ein­druck gewonnen, dass die Dis­kus­sion über Gebäu­de­sa­nie­rungen im »Kli­ma­schutz­pro­gramm 2030« nicht genü­gend eine vor­ge­schal­tete Energie­beratung auf­greift: Eine Bau­be­glei­tung hilft Gebäu­de­be­sit­zern bei der Umset­zung. Aber eine recht­zei­tige Koor­di­na­tion von Maß­nahmen durch eine Energie­beratung führt dazu, dass mehr Maß­nahmen als geplant rea­li­siert werden und der Kunde schließ­lich die lau­fenden Kosten stärker als erwartet senken kann. Zudem erfolgt eine För­der­mit­tel­op­ti­mie­rung im Rahmen der Bera­tung. Die Stadt Münster hat in ihrem eigenen För­der­pro­gramm gute Erfah­rungen gemacht, zur Bewil­li­gung einer För­de­rung zur Alt­bau­sa­nie­rung eine unab­hän­gige BAFA-Energie­beratung zu verlangen.