Tag Archives: Klimagipfel

18Okt/19
Alte Fenster mit beschädigten und schmutzigen Rahmen

Bun­des­re­gie­rung will Steu­er­vor­teile für Sanie­rungen in Gesetz schreiben

Die Bun­des­re­gie­rung hat Mitte Oktober beschlossen, ener­ge­ti­sche Sanie­rungen von selbst genutzten Wohn­ge­bäuden ab 1. Januar 2020 steu­er­lich zu fördern. Die bis­he­rigen Kredit- und Zuschuss­pro­gramme sollen weiter laufen und alter­nativ zur Ver­fü­gung stehen.

Die Ände­rung im Steu­er­recht gehört zu den Reformen des »Kli­ma­schutz­pro­gramms 2030«: Bereits Ende Sep­tember ent­hielten die ersten »Eck­punkte« das Ziel, dass »Gebäu­de­be­sitzer aller Ein­kom­mens­klassen« ihre Auf­wen­dungen für Sanie­rungen steu­er­lich absetzen können. Jetzt will die Bun­des­re­gie­rung das Ein­kom­men­steu­er­ge­setz für »zu eigenen Wohn­zwe­cken genutzte Gebäude« ergänzen, sofern sie min­des­tens zehn Jahre alt sind.

Danach können künftig 20 Prozent der Gesamt­kosten für mehrere Ein­zel­maß­nahmen von der Steu­er­schuld abge­zogen werden – maximal 40.000 Euro pro Objekt, über drei Jahre nach festen Pro­zent­sätzen ver­teilt. Die Arbeiten müssen vor dem 1. Januar 2030 abge­schlossen werden. Aber »Voll­sa­nie­rungen sind mit dem Instru­ment der Steu­er­ermä­ßi­gung nicht abge­deckt«, kri­ti­sierte die Ver­brau­cher­zen­trale Bun­des­ver­band vzbv einen frü­heren Refe­ren­ten­ent­wurf aus dem Finanzministerium.

Als steu­er­lich abzugs­fä­hige Ein­zel­maß­nahmen gelten:

  1. Wär­me­däm­mung von Wänden
  2. Wär­me­däm­mung von Dachflächen
  3. Wär­me­däm­mung von Geschossdecken
  4. Erneue­rung der Fenster oder Außentüren
  5. Erneue­rung oder Einbau einer Lüftungsanlage
  6. Erneue­rung der Heizungsanlage
  7. Einbau von digi­talen Sys­temen zur ener­ge­ti­schen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung
  8. Opti­mie­rung bestehender Hei­zungs­an­lagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind

Der Para­graf zur ener­ge­ti­schen Gebäu­de­sa­nie­rung schließt Eigen­leis­tungen aus: »Vor­aus­set­zung für die För­de­rung ist, dass die jewei­lige ener­ge­ti­sche Maß­nahme von einem Fach­un­ter­nehmen aus­ge­führt wurde«. Welche Anfor­de­rungen solch ein Fach­un­ter­nehmen erfüllen muss und welchen Stan­dards die Ein­zel­maß­nahmen folgen – das soll bald eine Ver­ord­nung klären, damit die steu­er­li­chen Regeln der geplanten Bun­des­för­de­rung für effi­zi­ente Gebäude BEG entsprechen.

Lustige Figuren Handwerker
Sanie­rung steu­er­lich absetzen nur bei Einsatz von Fach­un­ter­nehmen Bild: Alexas_​Fotos | Pixabay

Diese Ver­ord­nung könnte nicht weit genug reichen, befürchtet die Ver­brau­cher­zen­trale. Sie for­derte in ihrer Stel­lung­nahme beim Finanz­mi­nis­te­rium: »Darüber hinaus muss sicher­ge­stellt werden, dass die durch­ge­führten Maß­nahmen bau­tech­nisch bezie­hungs­weise ener­gie­tech­nisch sinn­voll sind«. Mehrere Maß­nahmen für ein Gebäude müssten auf­ein­ander abge­stimmt werden, so die vzbv: Ein Experte außer­halb des Fach­un­ter­neh­mens solle sie vorab »durch eine unab­hän­gige Bera­tung als geeignet bestä­tigen«. Ob die ange­kün­digte Ver­ord­nung diese vor­ge­schal­tete Bera­tung ver­langen wird, bleibt bislang offen.

Über eine zusätz­liche Bau­be­glei­tung meint der Bun­des­ver­band der Gebäu­de­en­er­gie­be­rater, Inge­nieure, Hand­werker GIH auf Twitter: »#Ener­gie­be­rater muss bei Ein­zel­maß­nahmen  (über KfW und steuerl. Abschrei­bung) durch Bau­be­glei­tung invol­viert bleiben. So wird mehr & besser saniert.«

Das Deut­sche Ener­gie­be­rater-Netz­werk DEN erläu­tert in einer Pres­se­mit­tei­lung die aktu­elle Situa­tion: »Bereits heute können qua­li­fi­zierte Hand­werks­un­ter­nehmen Ein­zel­maß­nahmen im KfW-Pro­gramm gleich­zeitig aus­führen und Bestä­ti­gungen für eine För­de­rung erstellen«. Private Bau­herren pro­fi­tierten laut DEN von einer »Bau­be­glei­tung durch unab­hän­gige Experten«, die bis jetzt über die KfW geför­dert werde.

In einem News­letter bestä­tigt das Wirt­schafts­mi­nis­te­rium, dass die Reform aus­schließ­lich Ein­zel­maß­nahmen betreffe: »Die kom­plette Sanie­rung von Gebäuden zu soge­nannten Effi­zi­enz­häu­sern (solche mit beson­ders geringem Ener­gie­be­darf) wird auch wei­terhin nur über die inves­tiven Gebäu­de­pro­gramme des BMWi gefördert«.

Dagegen pro­tes­tieren neun Ver­bände wie die Bun­des­ar­chi­tek­ten­kammer, DEN, GIH und Ver­brau­cher­zen­trale. In einem gemein­samen »Appell an das Bun­des­mi­nis­te­rium für Wirt­schaft und Energie« meinen sie, dass die Ein­schrän­kung »umfas­sende Gesamt­sa­nie­rungen schlechter« stelle und somit stär­keren Einsatz für den Kli­ma­schutz bestrafe: Statt­dessen sollten dem­nächst ebenso »Moder­ni­sie­rungen auf Effizienz­haus-Niveau – alter­nativ zu den KfW-Pro­grammen und mit den glei­chen Anfor­de­rungen und För­der­höhen – steu­er­lich geför­dert werden«.

Neun Logos von Interessenvertretungen zur Energieberatung
Orga­ni­sa­tionen fordern Kor­rek­turen für Wohn­ge­bäude im Klimaschutzprogramm

In der Pres­se­mit­tei­lung seines Netz­werks erwartet Hermann Danne­cker aus dem DEN-Vor­stand, dass die kom­mende Rechts­ver­ord­nung der Bun­des­re­gie­rung zu deut­li­chen Ver­bes­se­rungen führe: Er hofft auf »seriöse, lang­fris­tige Rand­be­din­gungen«, die wie­derum »hohe Kon­ti­nuität und Plan­bar­keit erlauben und dem Ziel des kli­ma­scho­nenden Sanie­rens gerecht werden«.

Das Pla­nungs­büro ENTECH hat den Ein­druck gewonnen, dass die Dis­kus­sion über Gebäu­de­sa­nie­rungen im »Kli­ma­schutz­pro­gramm 2030« nicht genü­gend eine vor­ge­schal­tete Energie­beratung auf­greift: Eine Bau­be­glei­tung hilft Gebäu­de­be­sit­zern bei der Umset­zung. Aber eine recht­zei­tige Koor­di­na­tion von Maß­nahmen durch eine Energie­beratung führt dazu, dass mehr Maß­nahmen als geplant rea­li­siert werden und der Kunde schließ­lich die lau­fenden Kosten stärker als erwartet senken kann. Zudem erfolgt eine För­der­mit­tel­op­ti­mie­rung im Rahmen der Bera­tung. Die Stadt Münster hat in ihrem eigenen För­der­pro­gramm gute Erfah­rungen gemacht, zur Bewil­li­gung einer För­de­rung zur Alt­bau­sa­nie­rung eine unab­hän­gige BAFA-Energie­beratung zu verlangen.

01Okt/19
Gebäude mit Gerüst für Sanierung

Neu­kon­zep­tion der För­de­rung für Ener­gie­ffi­zienz bei Gebäuden

Die Bun­des­re­gie­rung kündigt Steu­er­erleich­te­rungen für die ener­ge­ti­sche Sanie­rung von Gebäuden an, zum Bei­spiel für den Einbau neuer Fenster oder die Dämmung von Außen­wänden. Außerdem fasst sie mehrere För­der­pro­gramme zur neuen »Bun­des­för­de­rung für effi­zi­ente Gebäude BEG« zusammen. Dadurch soll die Belas­tung mit büro­kra­ti­schen Pflichten schwinden: »Es wird nur noch ein Antrag für Effi­zi­enz­maß­nahmen und Erneu­er­bare Ener­gien genügen«, ist in den »Eck­punkten für das Kli­ma­schutz­pro­gramm 2030« vom 20. Sep­tember 2019 zu lesen. Künftig fließen durch die BEG höhere Beträge an mehr Emp­fänger, und eine Prämie für den Aus­tausch von Hei­zungen wird eingeführt.

Alter­nativ zu den Zuschüssen können »Gebäu­de­be­sitzer aller Ein­kom­mens­klassen« den Steu­er­abzug wählen und damit »glei­cher­maßen von der Maß­nahme pro­fi­tieren«, heißt es in den Eck­punkten. Als steu­er­lich rele­vant gelten »Ein­zel­maß­nahmen, die auch von der KfW als för­der­würdig ein­ge­stuft sind«.

Die BEG löst bis­he­rige För­der­pro­gramme wie das »CO2-Gebäu­de­sa­nie­rungs­pro­gramm« ab. Wer solche Zuschüsse gegen­über der Unter­stüt­zung über die Steuern bevor­zugt, kann mit einem zehn Pro­zent­punkte höheren Förder­satz für Ein­zel­maß­nahmen wie auch für Effi­zi­enz­haus­stufen rechnen. Aus den der­zei­tigen Zuschüssen zum Bei­spiel im Pro­gramm 430 »Energie­effizient Sanieren« würden sich dann etwa die erhöhten Zuschüsse ergeben:

aktuellkünftig
Ein­zel­maß­nahmen10%20%
Effizienz­haus 11515%25%
Effizienz­haus 5530%40%

Andreas Kuhl­mann, Vor­sit­zender der Geschäfts­füh­rung der »Deut­schen Energie-Agentur dena«, sagt über die Rege­lungen: »Eine ein­fache, attrak­tive steu­er­liche För­de­rung von Sanie­rungs­maß­nahmen als Alter­na­tive zur Kre­dit­för­de­rung sowie eine Anhe­bung der För­de­rung in den bis­he­rigen Pro­grammen war überfällig«.

Konventionelle Ölheizung in Blau mit Boiler

Ebenso will die Bun­des­re­gie­rung den Einbau von Ölhei­zungen ab 2026 ver­bieten – »in Gebäuden, in denen eine kli­ma­freund­li­chere Wär­me­er­zeu­gung möglich ist«. Bereits jetzt will das Kli­ma­ka­bi­nett ältere Ölhei­zungen zurück­drängen und dazu 40 Prozent der Kosten für den Wechsel auf andere Anlagen bezuschussen.

Die »Aus­tausch­prämie« soll Eigen­tümer moti­vieren, mit fos­silen Brenn­stoffen wie Öl lau­fende Hei­zungen durch moder­nere Systeme zu ersetzen. Ziel ist die »Umstel­lung auf erneu­er­bare Wärme, oder, wo dies nicht möglich ist, auf effi­zi­ente hybride Gas­hei­zungen, die anteilig Erneu­er­bare Ener­gien einbinden«. 

Bild: Kon­ven­tio­nelle Ölhei­zung. Wusel007 | Lizenz CC BY-SA 3.0

Andreas Kuhl­mann von der dena kri­ti­siert »die Son­der­re­ge­lung und ‑för­de­rung zum Aus­tausch von Gas- und Ölhei­zungen«. Anstelle dieser Beloh­nung bei Hei­zungen wünscht er »eine ein­fache, tech­no­lo­gie­of­fene Lösung für alle grund­le­genden Sanie­rungs­maß­nahmen«, weil Eigen­tümer »Klar­heit« für ihre Pro­jekte benötigen.

25Sep/19
Gegensatz zwischen modernisierter und unsanierter Hausfassade

Bun­des­re­gie­rung plant Pflicht zur Energie­beratung für Wohngebäude

Die Bun­des­re­gie­rung will Eigen­tümer von Wohn­ge­bäuden ver­pflichten, dass sie »zu bestimmten Anlässen« eine Energie­beratung durch­führen lassen: Sie ver­langt künftig eine indi­vi­du­elle Bera­tung durch einen Experten etwa bei einem Eigen­tü­mer­wechsel. Damit reichen die neuen Regeln weiter als die bis­he­rigen Vor­schriften zur Vorlage eines Ener­gie­aus­weises. Der Plan gehört zu den »Eck­punkten für das Kli­ma­schutz­pro­gramm 2030« vom 20. Sep­tember 2019.

Die gefor­derte Energie­beratung soll Eigen­tümer von Wohn­ge­bäuden finan­ziell nicht stärker belasten, heißt es in der Zusam­men­fas­sung des soge­nannten Kli­ma­ka­bi­netts: »Die Kosten werden über die bestehenden För­der­pro­gramme gedeckt«. Das Bun­des­mi­nis­te­rium für Wirt­schaft und Energie will in seiner Kam­pagne »Deutsch­land macht’s effi­zient« stärker auf die Bedürf­nisse von Woh­nungs­ei­gen­tü­mern ein­gehen und sie deut­li­cher infor­mieren, wie sie von der Energie­beratung und der ener­ge­ti­schen Moder­ni­sie­rung profitieren. 

Diagramm: Ansatzpunkte für Energieberatung bei Wohngebäuden
Ansatz­punkte für Energie­beratung bei Wohn­ge­bäuden. Bild: dena

Bislang nennt die Bun­des­re­gie­rung keine Details für die Ände­rungen bei der Energie­beratung und der Öffent­lich­keits­ar­beit über die Sanie­rungen, sondern erstellt zunächst eine Stra­tegie. Jürgen Leppig vom Bun­des­ver­band »Gebäu­de­en­er­gie­be­rater, Inge­nieure, Hand­werker (GIH) e.V.« sagt über die Ankün­di­gungen: »Das För­der­pro­gramm ›Energie­beratung für Wohn­ge­bäude‹ prä­sen­tiert sich nicht nur deut­lich ver­bes­sert, sondern wird bei ein­schnei­denden Anlässen wie einem Eigen­tü­mer­wechsel auch ver­pflich­tend«. Der Vor­sit­zende erwartet zudem, dass »mehr Haus­be­sitzer umfäng­lich beraten und mit ganz­heit­li­chen Kon­zepten für sinn­volle ener­ge­ti­sche Moder­ni­sie­rungen aus­ge­stattet werden«.

Dazu aus dem Kli­ma­schutz­paket: »Die sta­gnie­rende Sanie­rungs­rate macht deut­lich, dass vielen Gebäu­de­ei­gen­tü­mern die Moti­va­tion fehlt, ihr Haus ener­ge­tisch sanieren zu lassen«. Daher soll die Energie­beratung durch fol­gende Maß­nahmen gestärkt werden:
· Erhö­hung der För­de­rung in der „Energie­beratung für Wohn­ge­bäude (EBW)“ auf bis zu 80% Zuschuss (bislang 60%);
· Moder­ni­sie­rungs­emp­feh­lungen durch eine geför­derte Energie­beratung für die Erstel­lung eines Ener­gie­aus­weises (Bedarfs­aus­weis) nutzen;
· Energie­beratung anknüp­fend an Immis­si­ons­mes­sungen durch qua­li­fi­zierte Schorn­stein­feger adres­sieren;
· Weitere Anlässe für eine qua­li­fi­zierte Bera­tung nutzen (u.a. Hei­zungs­tausch, Nutzung von Syn­er­gie­ef­fekten mit bar­rie­re­freiem Umbau oder Einbruchschutz).

Wir erwarten und hoffen, dass die Ver­ant­wor­tung nach der Reform beim Bun­desamt für Wirt­schaft und Aus­fuhr­kon­trolle BAFA liegt – mit dem bewährten und unkom­pli­zierten För­der­pro­gramm »Vor-Ort-Bera­tung«: Bereits jetzt erhalten zum Bei­spiel Eigen­tümer einen Zuschuss, wenn sie frei­willig einen Auftrag für ihr Wohn­ge­bäude einem zuge­las­senen Ener­gie­be­rater erteilen.

Bei­trags­bild in der Sei­ten­leiste: Gegen­satz zwi­schen moder­ni­sierter und unsa­nierter Haus­fas­sade. KfW-Bild­ar­chiv | photothek.net